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Erfolgsmessung im Marketing - Folge 19: Lead-Gewinnung und ROI (Teil 1)

Sie können den Begriff Lead auf unterschiedliche Weise definieren. In meinem Artikel Lead-Management im B2B-Geschäft - warum und wie? habe ich vorgeschlagen, zwischen Leads und Kontaktpersonen zu unterscheiden und alle als mögliche Kaufinteressenten erfassten Unternehmenseinheiten als Leads anzusehen.

Die Lead-Gewinnung zielt bei dieser Sichtweise darauf ab, Beziehungen zu Unternehmenseinheiten herzustellen oder auszubauen, die entweder jetzt oder in absehbarer Zeit kaufbereit sein könnten. Alle derartigen Beziehungen sind Beziehungen zu Mitarbeitern dieser Unternehmenseinheiten.

Für die Lead-Gewinnung stehen Ihnen zahlreiche Möglichkeiten offen.

Sie müssen daher entscheiden, welche dieser Möglichkeiten Sie nutzen wollen und wie Sie Ihr für die Lead-Gewinnung vorgesehenes Budget aufteilen.

Ich beschäftige mich aus diesem Grund zunächst mit der Frage, wie Sie den finanziellen Wert von Leads berechnen können. Hierzu unterscheide ich im folgenden Abschnitt zwischen A-, B- und C-Leads. Anschließend ermittle ich anhand eines Zahlenbeispiels den Wert von A- und B-Leads.

Leads in Klassen und Segmente einteilen

Im Business-to-Business-Geschäft dauern bedeutende Kaufentscheidungen gewöhnlich relativ lange, mehrere Monate, manchmal sogar mehr als ein Jahr. Ein Verkaufsgespräch kann daher aus der Sicht eines potenziellen Kunden verfrüht sein.

Sie können drei Arten von Leads unterscheiden:

  • A-Leads - kaufbereite Unternehmenseinheiten
  • B-Leads - nicht kaufbereite Unternehmenseinheiten, die in absehbarer Zeit kaufbereit sein könnten
  • C-Leads - alle übrigen Unternehmenseinheiten sowie Privatpersonen

Mit Unternehmenseinheiten meine ich organisatorische Einheiten. Zu einem Unternehmen können somit mehrere Leads gehören - zum Beispiel wenn es in diesem Unternehmen mehrere Abteilungen gibt, die jeweils eigenständig über den Kauf Ihres Produkts entscheiden.

A-Leads sind Unternehmenseinheiten, die Bedarf für Ihr Produkt haben und jetzt oder in Kürze eine Kaufentscheidung treffen wollen.

B-Leads sind Unternehmenseinheiten, die Bedarf für Ihr Produkt haben, für die ein Verkaufsgespräch aber verfrüht oder unzureichend wäre. Sie können B-Leads in drei Gruppen einteilen:

  • B1: Der potenzielle Kunde ist sich des Problems, das mit Ihrem Produkt gelöst werden kann bislang nicht bewusst oder fängt gerade damit an, sich über das Problem Gedanken zu machen. (Aus Kundensicht dient Ihr Produkt dazu, ein bestimmtes Problem zu lösen.)
  • B2: Der potenzielle Kunde hat das Problem erkannt und beschäftigt sich jetzt mit der Frage, auf welche Weise er dieses Problem lösen sollte. Die Frage lautet: Welche Art von Produkt oder Dienstleistung sollen wir kaufen?
  • B3: Der potenzielle Kunde hat das Problem erkannt (B1) und einen bestimmten Lösungsansatz gewählt (B2). Für den potenziellen Kunden lautet die Frage jetzt: Wie spezifizieren wir unseren Bedarf und erkennen, welches Angebot für uns am besten ist?

Zu den C-Leads gehören neben Unternehmenseinheiten mit fehlendem Bedarf und Privatpersonen auch Berater, zum Beispiel selbständige Ingenieure, die sich für das Produkt interessieren, weil sie ihre Klienten beim Kauf vergleichbarer Produkte beraten.

Es kann sein, dass eine weitergehende Segmentierung erforderlich ist. Denkbar wäre eine zusätzliche Einteilung der Leads

  • nach der Herkunft (zum Beispiel Leads von der eigenen Website, aus der eigenen Kundendatenbank, auf Messen gewonnene Leads)
  • nach der Unternehmensgröße (zum Beispiel Großunternehmen und Unternehmen, die eher klein oder mittelgroß sind)
  • nach geografischen Merkmalen (zum Beispiel Leads mit Hauptsitz in Deutschland und Leads mit Hauptsitz in Großbritannien)
  • nach der beruflichen Funktion der wichtigsten Kontaktpersonen (zum Beispiel technische oder kaufmännische Führungskräfte)

Ausführliche Hinweise zur Einteilung von Leads finden Sie in meinem Artikel Lead-Management im B2B-Geschäft - warum und wie?

Den finanziellen Wert eines Leads berechnen

Ich verstehe unter dem finanziellen Wert eines Leads den zusätzlichen Gewinn, den Sie durch ein zusätzliches Lead erzielen würden. Der zusätzliche Gewinn ist dabei in Form eines Barwerts ausgewiesen.

Die folgende Excel-Tabelle zeigt in Form eines Zahlenbeispiels, wie Sie den finanziellen Wert eines Leads auf Basis Ihrer vorhandenen Daten berechnen:

1. Erforderlich sind Angaben zu den Anteilen der A- und B-Leads

Im Zahlenbeispiel waren in den letzten Monaten

  • 10% der Leads B1-Leads (Zelle A3)
  • 35% der Leads B2-Leads (Zelle A7)
  • 15% der Leads B3-Leads (Zelle A11)
  • 15% der Leads A-Leads (Zelle A15)

2. Erforderlich sind Angaben zu den Konversionsraten

Im Zahlenbeispiel

  • wurden 70% der B1-Leads zu B2-Leads (Zelle A4)
  • wurden 50% der B2-Leads zu B3-Leads (Zelle A8)
  • wurden 40% der B3-Leads zu A-Leads (Zelle A12)
  • kauften 30% der A-Leads das Produkt (Zelle A16)

3. Erforderlich sind Angaben zur Konversionsdauer

Im Zahlenbeispiel dauerte eine erfolgreiche Konversion im Durchschnitt

  • 90 Tage im Fall B1-Lead zu B2-Lead (Zelle A5)
  • 140 Tage im Fall B2-Lead zu B3-Lead (Zelle A9)
  • 170 Tage im Fall B3-Lead zu A-Lead (Zelle A13)

4. Erforderlich ist eine Kundenwert-Schätzung

Im Zahlenbeispiel beträgt der zusätzliche Gewinn mit einem Lead, das Ihr Produkt kauft 27.000,- Euro (Zelle A18). Es handelt sich hierbei um einen Barwert, was ich in Folge drei Der Customer Lifetime Value (Kundenwert) erläutert habe.

Der zusätzliche Gewinn mit einem Lead resultiert normalerweise nicht nur aus einer einmaligen Bestellung Ihres Produkts. Zu berücksichtigen sind gegebenenfalls auch spätere Erweiterungen des Produkts, Wiederholungskäufe oder Bestellungen von Zubehör, Hilfsstoffen und produktbezogenen Dienstleistungen.

Sollte eine Barwert-Berechnung wegen fehlender Anhaltspunkte sinnlos sein, so können Sie auch mit einer groben Schätzung arbeiten: Durchschnittlicher Gewinn aus einer Bestellung plus niedrig angesetzter Zuschlag für Gewinn aus Folgegeschäft.

Im Zahlenbeispiel nehme ich an, dass der Barwert in Höhe von 27.000,- Euro mit einem Kalkulationszinssatz von 12% ermittelt wurde (Zelle A19).

Ich berechne den Wert eines A-Leads, indem ich den Wert eines Leads, das eine Bestellung aufgibt mit der Abschlussrate multipliziere. Das Ergebnis - 8.100 € - steht in Zelle A30 (=A18*A16).

Bei der Bewertung eines B3-Leads muss ich berücksichtigen, dass ein solches Lead seine Bestellung im Erfolgsfall 170 Tage später aufgibt als ein A-Lead (Zelle A13). Ich verwende hierfür einen Abzinsungsfaktor.

Mit r als Kalkulationszinssatz lautet die Formel für den Abzinsungsfaktor:

Für ein B3-Lead verwende ich die Excel-Formel =1/(1+A19)^(A13/365), was einen Abzinsungsfaktor in Höhe von 0,948585621 ergibt (Zelle A25).

Ich berechne den Wert eines B3-Leads somit nach der Excel-Formel =A12*A16*A18*A25 und erhalte als Ergebnis 3.073 € (Zelle A29). In Worten: Anteil der B-Leads, die zu A-Leads werden mal Abschlussrate mal Wert eines Leads mal Abzinsungsfaktor.

Für B2- und B1-Leads lauten die Ergebnisse 1.471 € (=A8*A12*A16*A18*A24) und 1.002 € (=A4*A8*A12*A16*A18*A23).

Den finanziellen Wert eines Leads erhalte ich, indem ich den gewichteten Durchschnitt aus den berechneten Barwerten für meine A-, B1-, B2- und B3-Leads bilde:

Wert eines Leads = A3*A27+A7*A28+A11*A29+A15*A30

Als Ergebnis erhalte ich 2.291 € (Zelle A32). Diese Zahl ist gerundet, mit dem Dialog »Zellen formatieren / Zahlen«.

Ein Lead hat im Zahlenbeispiel somit einen Wert in Höhe von 2.291 Euro.